Donnerstag, 29. September 2016

Linsen mit Spätzle

Anfang August sollten unsere Gäste aus Alaska die typisch schwäbische Küche kennenlernen. Nach einer Wanderung waren wir hungrig und durstig. Ein Lokal mit nettem Biergarten bot Maultaschen klassisch und vegetarisch, schwäbische Tapas und auch Linsen mit Spätzle und Saitenwürstchen an. Letzteres ist DAS schwäbische Nationalgericht. Nachdem ich mir die Wünsche von fünf Gästen gemerkt hatte, ging ich zur Selbstbedienungstheke und begann meine Bestellung vorzutragen: 
"Zweimal Linsen mit Spätzle ..." 
Weiter kam ich nicht, denn die Chefin unterbrach mich und teilte mir mit, dass unter der Woche die Küche von 15 bis 17 Uhr geschlossen sei. Der Koch müsse schließlich auch mal kochen. Zerknirscht bemühte ich mich um Verständnis. Die weit gereisten Gäste vertrieben sich die eineinhalb Stunden Wartezeit mit einer Partie Minigolf und bekamen wenigstens schon Getränke gegen den großen Durst. Punkt 17 Uhr stand ich wieder an der Theke und begann hoffnungsvoll: 
"Zweimal Linsen mit Spätzle ..." 
"Linsen sind heut nicht!", unterbrach mich die Chefin schon wieder. 
Ich biss mir auf die Zunge, um ihr nicht voller Enttäuschung ins Gesicht zu schreien: Und warum haben Sie das nicht vor eineinhalb Stunden schon gesagt? Stattdessen machte ich kehrt und nach kurzer Rücksprache mit unseren Gästen fuhren wir zu unserem Lieblingsgriechen. Das Essen dort ist zumindest auch europäisch.

Heute nun, der Herbst hat sich noch einmal ein Sommerkleid übergezogen, radelte ich mit Rika an der Donau entlang. Spontan bekam ich Appetit auf Linsen mit Spätzle. Ja, ich esse ganz selten auch noch nicht-vegan. Der Geist ist willig, aber das Fleisch macht ihn schwach, oder so ähnlich. Gleiche Theke, gleiche Dame, weit vor 15 Uhr: 

"Einmal Linsen mit Spätzle ..." 
"Oh, die kochen noch." 
"Das macht nichts, dann warte ich im Biergarten." 
Hochgezogene Augenbrauen. "Der kocht die fürs Wochenende." 
Das wurde also wieder nichts.

Auf dem Heimweg überlegte ich. Heute (Donnerstag) Linsen kochen für das lange Wochenende, einschließlich Montag, den 3. Oktober?


Zuhause habe ich mir vegane Linsen mit Spätzle zubereitet: mit Glasnudeln statt Spätzle und veganen Wienerle - Wortschöpfung von Markus: Vegienerle. War in einer halben Stunde fertig und hat super geschmeckt. Es gibt immer Alternativen und manchmal sind sie sogar besser als der ursprüngliche Plan! 




Zugegeben, es sieht ein wenig anders aus, als die klassische Variante. Ist aber mindestens so lecker. Das Original-Rezept, das von mir vegan abgewandelt wurde, findet Ihr hier bei Chefkoch.de:
Schwäbische Linsen mit Spätzle und Saitenwürstchen

Habt Ihr Lust bekommen, das Rezept nachzukochen? Und wenn ja, welche Variante? Klassisch oder vegan? 

Dienstag, 27. September 2016

Weniger ist mehr

Jeder Weg beginnt mit einem ersten Schritt. Der ist selten gewaltig, meist eher unscheinbar, zaghaft. Vor allem, wenn man einfach losläuft und schaut, wohin die Reise geht. Wer hier regelmäßig mitliest, durfte mein erstes Verzicht-Experiment mitverfolgen. Von Vier Wochen ohne ... bis No-Pooh, ja und nun? Ohne Shampoo fühle ich mich auch heute, nach fast 5 Monaten, immer noch sehr wohl. Parallel dazu probierte ich die Vielfalt der veganen Ernährung. Kein Witz -  man kann auch ohne tierische Produkte richtig lecker essen. Vor allem, wenn man Vieles frisch zubereitet und auf vegane Grillwürstchen & Co. verzichtet. Dann kam der Geldbeutel dran. Für die Norddeutschen: das Portemonnaie. Von einem "Gerät" in Taschenbuchgröße mit zwei Kleingeldfächern stieg ich um auf den  i-clip. Ursprünglich als Ersatz für die "Hilfsportemonaies" meiner Söhne gedacht, die aber lieber bei ihren Provisorien bleiben wollten, landete das gute Stück bei mir. Es passt in jede noch so kleine Handtasche, nimmt auch beim Mountainbikefahren kaum Platz weg und wiegt fast nichts. Ich bin begeistert! Weniger ist mehr, oder 

"Arm ist nicht der, der wenig hat, sondern der, der nicht genug kriegen kann!"
(Jean Guéhenno)

Falls jetzt jemand fragt: "Wohin mit dem Kleingeld?", so darf dieses bei mir in allen Taschen fröhlich herumklimpern und wird bei kleinen Beträgen immer als Erstes ausgegeben. Aber es ging weiter. Loslassen kann eine Eigendynamik entwickeln. Plötzlich wertschätzt Du die Dinge, die Du wirklich magst. Meine Kinder kamen auf Besuch, alte Schulfreundinnen ebenfalls. Bud und Veca, die liebevollen Gasteltern von Erik, reisten aus Alaska ins Donautal an. Ganz ehrlich - wer solche Gäste hat, nimmt sich Zeit für sie und lässt die virtuellen Freunde ein bisschen außen vor. So war bei mir der 1. August 2016 der Beginn einer Auszeit von Facebook, Xing, Twitter, Stay Friends ... Und, auch wenn das jetzt hart klingt, ich habe fast Nichts und Niemanden vermisst. Im Gegenteil, es war eine Befreiung, nicht mehr jeden Pups von mehreren hundert virtuellen Freunden mitzubekommen, von denen ich wohl nur jeden Zehnten persönlich kenne. Wer mir wichtig war, den konnte ich auf anderem Wege kontaktieren - WhatsApp, E-Mail, Telefon und selbst die gute alte Postkarte kamen zum Einsatz. Auch wenn die Post ein paar der Karten anscheinend verschlampt hat. Während dieser Zeit war ich im Freibad, am Bodensee, habe mitgeholfen, unser Gästebad umzubauen, bei realen Freunden Wände gespachtelt usw. Und tatsächlich gab es eine Handvoll lieber virtueller Freunde, die mich vermissten. Danke, darüber habe ich mich ganz besonders gefreut. Wiebke, Karin, Sophie, Claudia, Nicole, Jenny, Kirstin, ... Inzwischen schaue ich wieder ab und zu bei Facebook herein, aber es übt nicht mehr die magische "ich-könnte-etwas-verpassen-Anziehungskraft" auf mich aus. Ich habe nämlich NICHTS verpasst, in den gut 6 Wochen, die aus dem geplanten einen Monat wurden. 

Und nun? Loslassen könnte ein neues Hobby von mir werden. Potential schlummert noch genug in unserem Haus. Kleiderschrank, Bastelkisten, "Könnte-man-noch-mal-gebrauchen-Dinge". Heute habe ich das große Bücherregal von Ballast befreit. Reiseführer, die älter sind als meine Kinder, führen eher in die Irre, als ans Ziel. Und angeschnittenes Buntpapier "Made in GDR" gehört entweder in den Papierkorb oder ins Museum. 

Wie geht es Euch, wenn Ihr das hier lest? Könnt Ihr loslassen oder redet Ihr Euch mit der Prägung aus Elternhaus, Kindheit, DDR heraus, wie ich es bisher tat? Was könnt Ihr gut loslassen und was gar nicht?