Dienstag, 15. Oktober 2019

Der Eisbär


Das Fell des alten Eisbären war vergilbt und glanzlos. Wozu sollte er sich noch putzen? Die Weibchen himmelten den Neuen an, der ins Gehege gekommen war, und auch die größten Fische bekam. Der Alte sah hinüber zum Braunbärengehege, wo ein einsames dunkles Weibchen von den Kindern als Teddy bejubelt wurde. Ja, das wäre eine Alternative! Er würde ein Braunbär werden! Tagelang sammelte der alte Eisbär seine großen Haufen in einer stillen Ecke. Dann regnete es und er wälzte sich in der Pampe, bis er ganz braun war. Doch nun war er weder Eisbär noch Braunbär, sondern einfach nur ein Scheißbär. 


© Jo Jansen 2019
(Auch das ist wieder ein Drabble


Donnerstag, 10. Oktober 2019

Schwarz-weiß

Schwarze Katzen sind besonders. Man sagt ihnen magische Kräfte nach. Darum werden Hexen häufig mit einer schwarzen Katze dargestellt. Auch unter ihren mauzenden Artgenossen scheinen die Schwarzen eine besondere Stellung einzunehmen. Lily braucht nur auf der Straße stehenzubleiben und zu gucken, schon schleicht der Nachbarskater langsam rückwärts auf sein Gehöft zurück. Selbst große Hunde wechseln die Straßenseite, wenn Lily bei uns auf der Mauer hockt. 

Und dann gibt es weiße Katzen. Als Lily das erste Mal eine erblickte, sprang sie mit allen vier Beinen gleichzeitig rückwärts, wobei ihr sämtliche Haare zu Berge standen. 

Für schwarze Katzen sind Weiße die Schwarzen. 

©Jo Jansen 2019 

(Das ist ein Drabble, bestehend aus genau 100 Wörtern, die Überschrift nicht mitgerechnet. Auch zur Erinnerung an 50 Jahre Monty Python, die als Erfinder des Drabble gelten.)


Dienstag, 30. Juli 2019

Sendepause


Es ist schon fast wieder so weit - im August ist bei mir traditionell Sendepause. Ich werde mich aus Facebook, Instagram, Twitter usw. zurückziehen. Noch nie habe ich mich auf diese virtuelle Auszeit so gefreut wie in diesem Jahr. Ich bin müde. Müde all der Diskussionen, die ich führte  in der Hoffnung, dass die Menschen nachdenken mögen. Lesen, sich informieren, auf das eigene Herz hören. Nicht Parolen nachplappern, nicht Hassbotschaften verbreiten, nicht alternativen Fakten Glauben schenken, nicht denen die Schuld geben, die anders sind, weil man dann bei sich selbst nichts ändern muss. Erst recht, wenn blau angemaltes braunes Gedankengut das neue Heil bringen soll. Egal ob Weißer oder Schwarzer, Hetero oder Homo, Moslem oder Christ, Veganer, Brillenträger, Hundehalter, Apperitivallergiker oder Socken-in-Sandalen-Träger - es gibt in all diesen Gruppen herzensgute Menschen und A...löcher. Und trotzdem gebe ich Max Planck nur teilweise recht, weil ich immer noch die Hoffnung habe, dass Menschen sich ändern können. Aus Saulus wurde ein Paulus, und vielleicht schlägt tief drin in einem brauen A...loch doch ein rotes Herz.
Habt einen schönen August. Draußen, im Wald, in den Bergen, auf der Wiese, am Meer oder am See. Offline, aber die Augen und das Herz weit geöffnet. 



Montag, 6. Mai 2019

... von der Rika einen Gruß

Sonntagmittag. Die Sonne scheint, Vögel zwitschern, es duftet nach Frühling auf dieser bunten Blumenwiese. Tante Thea ist schon am Freitag angekommen und erwartet mich mit einer Tüte leckerer Hundekekse. „Da bist du ja wieder“, sagt sie. Bevor ich mich für die wirklich köstlichen Kekse bedanken kann, kommen Alex, der hübsche Terrierrüde, und Daifuku, der kleine Chihuahua angesprungen. Daifuku, das heißt große Freude, und er macht seinem Namen alle Ehre. Der kleine Hund wedelt mit dem Schwanz, hüpft voller Vorfreude im Kreis und ruft: „Lasst uns Ballis jagen!“ Ein wohlbekanntes leises Pfeifen verkündet, dass tatsächlich jemand so ein Balli an der Schnur geworfen hat. Ich sehe es genau, leuchtend gelb kommt es von links herangeflogen. Alex und der kleine Daifuku haben keine Chance. Sofort springe ich hoch in die Luft, dass meine Ohren flattern, und schnappe mir die Beute. Noch zweimal pfeift es, und schon haben auch Alex und Daifuku ein Balli gefangen. Von allen Seiten kommen Hunde gelaufen. Ich erkenne Sam und Samantha, Lina, Leja, Olli, Tobi, Bonny, Cessi, Nora, Bessi, Quinn, Balou, Cora und Lady. Immer wieder fliegen Ballis durch die Frühlingsluft, bis jeder Hund eines gefangen hat. Jetzt sehe ich mir den Werfer genauer an und weiß sofort, es ist Lee Dorman, der Bassgitarrist von Iron Butterfly. „Hey Rika, nice to meet you“, ruft er und winkt mit seinem Basecap. Er kannte mich bisher nur von den Fotos, die Jo ihm bei ihrem Treffen gezeigt hatte. Neben ihm steht, an einem kleinen Tisch, Leonhard Cohen, in schwarzem Anzug, Hemd und Krawatte. Er gießt Wasser aus einer Karaffe in ein Glas, und da ist es roter Wein. Während ich noch denke, dass ich keinen Wein mag, gießt Leonhard den Wein in eine flache Schüssel und es ist wieder Wasser, das er mir zum Trinken hinhält. Es schmeckt himmlisch. 

Die lieblichen Töne einer Okarina klingen an mein Hundeohr. Yamamotosan, mit der gemeinsam ich den Gletscher am Jungfraujoch besuchte, spielt auf ihrer Lieblingsflöte. Nun hat Lee seine Gitarre in der Hand und begleitet sie. Die Melodie kenn ich doch! 
In Rixdorf ist Musike, Musike, Musike,
da tanzen Franz und Rieke,
in Rixdorf bei Berlin ...
David Bowie steht vor mir, deutet eine Verbeugung an. Er trägt lustige Schlaghosen, deren Hosenbeine unten so weit sind, dass ich mich darin verstecken könnte. Die Idee hat schon vor mir jemand gehabt, denn aus dem linken Hosenbein schießt plötzlich Flocki hervor, ein schwarzer Kleinpudel. Er flitzt über die Wiese, auf Sigi zu, die  gerade fröhlich winkend in rosa Flauschpantöffelchen und mit pinkfarbenem Glitzer im Haar angetippelt kommt. Sie lacht ihr unnachahmliches Sigi-Lachen, hockt sich hin, breitet die Arme aus, an denen Reifen in allen Farben des Regenbogens leise klappern, und Flocki springt  freudig bellend in ihren Schoß. Nachdem der kleine Pudel sein Frauchen mit liebevollen Hundeküssen begrüßt hat, rennt er weiter zu Tante Thea, die immer noch fleißig Hundekekse verteilt. Ich weiß, dass David Bowie Berlin ebenso sehr liebt wie ich. Darum stelle ich mich auf die Hinterbeine, David fasst meine Vorderpfoten und wir tanzen eine flotte Polka „... in Rixdorf bei Berlin. Jawoll!“ Tanzend nähern wir uns einem uralten Apfelbaum, der über und über mit duftenden weißrosa Blüten geschmückt ist. An einem starken Ast hängt eine Schaukel, darauf sitzt Omi Liselotte und baumelt vergnügt mit den Beinen. Sie zwinkert Opa Willi zu, dessen dunkle lange Hose von farblich passenden Hosenträgern gehalten wird, und der im Schatten des Apfelbaumes Kniebeugen macht. Lily, die schwarze Katze, schaut ihm aufmerksam zu. Neben ihr hocken ganz entspannt drei Mäuse, wohl wissend, dass hier niemand mehr gejagt wird. Auch nicht von der ehemaligen Meisterin der Mäusejagd.

Ich laufe zu Omi Liselotte und lege ihr meinen Kopf aufs Knie. Sie streichelt mich hinter den Ohren, so wie ich es am liebsten mag. Dann flüstert sie: „Und, hast du ihr gesagt, dass ich dich geschickt hatte, um ganz lieb zu ihr zu sein?“
„Das brauchte ich nicht“, antworte ich. „Deine Enkelin hat es von selbst gespürt.“
Omi Liselotte nickt zufrieden. „Und wer zeigt es ihr jetzt?“
„Kater Frodo hat diese Aufgabe von mir übernommen.“
„Sehr gut. Dann weiß sie ja, wie lieb ich sie habe.“
Alan Rickman, der ebenfalls im Schatten des Baumes sitzt, scheint unser Gespräch belauscht zu haben.
„After all this Time?“, fragt er. (Nach all der Zeit?)
„Always.“, antwortet die Omi. (Immer.)




Mittwoch, 27. März 2019

Zeitumstellung? Wenn, dann richtig!


Am 31. März werden die Uhren wieder auf Sommerzeit vorgestellt. Bei uns ist das gerade ein Thema, bei dem wir nicht wissen, ob wir lachen oder weinen sollen. Ich bin mir sicher, letztes Jahr hieß es, dass im März 2019 letztmalig umgestellt wird (oder auch nicht) und dann alles so bleibt, für immer. So schnell war man in der EU aber wohl nicht mit der Festlegung, da ja jedes Land für sich entscheiden darf, ob es dauerhaft die Sommerzeit oder die Normalzeit haben möchte. Darum geht das Hin und Her noch zwei volle Jahre so weiter. 
"Macht doch nix, zu Großbritannien und Griechenland haben wir auch immer einen Zeitunterschied", las ich heute als Kommentar.

Heftiger Einspruch dazu: Wenn jetzt Großbritannien einen Zeitunterschied hat, stört das nur wenige, direkt Betroffene. Da die Briten eh aus der EU raus wollen, sei ihnen die eigene Zeit gegönnt. 😉 ABER: Dreiländerecks wie D/A/CH oder D/F/CH oder D/BEL/NL usw. ... da gäbe es ein kleines Chaos, wenn man bei jeder Überschreitung der abgeschafften Grenzen die Uhr vor oder zurückstellen müsste. Wenn schon, dann bitte richtiges Chaos: Also, alle Länder - auch die Bundesländer - haben das Recht auf eine eigene Uhrzeit! Zum Beispiel Schleswig Holstein Sommerzeit, Mecklenburg Normalzeit usw. Das wird lustig. Erst recht, wenn "quasi-Länder" wie das Sauerland oder das Schwabenländle ebenfalls ihre eigene Zeit fordern. 🤣