Sonntag, 18. März 2012

Copii Romania


Copii Romania
Must they live so long in the shadows
Copii Romania
Will we turn and say
Like many times before
We did not know?

(Aus „Copii Romania“ von Barclay James Harvest)


*****

Es gibt Menschen, für die bin ich nur ein Ding, eine Sache. In dieses Leben wurde ich hineingeworfen, ohne mir aussuchen zu können, wohin. Hätte ich anders gewählt, wenn es eine Alternative gegeben hätte? Wahrscheinlich nicht.

Ich wurde in Bukarest geboren. Meinen Vater habe ich nie kennengelernt. Meine Mutter verschwand irgendwann. So lebte ich auf der Straße, mit anderen, die ein ähnliches Schicksal hatten. Die Älteren lehrten mich, Essbares zu finden konnte und sich dabei nicht erwischen zu lassen. Ich lernte schnell, so überlebte ich. Hunger hatte ich trotzdem immer. Wir schliefen eng beieinander. In unseren Verstecken, wo niemand uns finden durfte, wärmten wir uns gegenseitig. Die Älteren hielten Wache und beschützten uns Kleine. Allein hatte ich Angst und so hatte ich Angst vor dem Alleinsein. Die blieb bis heute.

Eines Tages kamen fremde Menschen, deren Sprache ich nicht verstand. Sie gaben mir zu essen. Es schmeckte komisch und am Anfang vertrug ich es nicht. Sie brachten mich zu einem Arzt und dann nahmen sie mich mit in ihr Land. Ich wollte bei ihnen bleiben, denn sie waren gut zu mir, beschützten mich. Trotzdem brachten sie mich in ein Heim. Schlecht war es dort nicht. Ich war nicht allein und es gab genug zu essen. Nur durfte ich das Heim nicht verlassen.

Eine Familie kam und sprach mit mir. Sie sagten, was für wunderschöne braune Augen ich hätte und dass ich es bei ihnen gut haben würde. Ich glaubte ihnen und sie nahmen mich mit, in ihr Haus. Sie gaben mir eine weiche Decke und zu essen, sie spielten mit mir und ich war glücklich. Dann fuhren sie fort und ließen mich allein. Ich durfte das Grundstück nicht verlassen, nur im Garten spielen. Wussten sie denn nicht, dass ich Angst hatte? Allein. Unerträglich. Die Angst wurde größer und ich lief fort. Sie fanden mich und sahen mich betrübt an. Sprachen von Undankbarkeit. Nachdem ich das dritte Mal fortgelaufen war, musste ich zurück ins Heim. Darüber war ich nicht wirklich traurig.

Die Familie, bei der ich jetzt lebe, holte mich vor sieben Jahren zu sich. Ich durfte zur Schule gehen und habe bei ihnen wirklich ein Zuhause gefunden. Wir haben schon so viele wunderschöne Dinge zusammen gemacht, waren am Meer und in den Bergen. Oft spielen wir Fußball auf der Wiese neben dem Haus. Manchmal muss ich auch allein bleiben. Doch das dauert nie lange und ich weiß, dass sie wiederkommen. Denn sie lieben mich und ich liebe meine Familie. Ich freue mich auf jeden neuen Tag. Und sie sagen, dass ich nie wieder zurück ins Tierheim muss.

4 Kommentare:

  1. Sehr schön geschrieben....Habe erst am Ende gemerkt worum es geht...
    Weiter so mon cherí

    robokaeck

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  2. DANKE! Ich bin dabei... Und es fühlt sich gut an. Lächelnde Grüsse ;-)

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  3. Erst dachte ich, na ja, o.k., aber dein letzter Satz brachte den KICK :)
    also wieder super für mein Leseempfinden. ich glaube, diese Geschichte
    gehört ins Genre: Kurzgeschichten. Bin ich ein Fan von, wenn sie gut
    geschrieben sind.

    Toi, toi, toi wünscht dir PAULA

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  4. 96% der Geschichte hatte ich ein rumänisches Waisenkind vor Augen, in den letzten 4% wurde mir klar, dass es bellt :)

    Detailreich, prägnant geschrieben und es geht um den besten Moppi der Welt *freu* und Danke!

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