(Eine
Geschichte für Maren und alle, die sich ein Happy End wünschen.)
Maren
erwachte, weil irgendetwas sie an der Nase kitzelte. Langsam schlug
sie die Augen auf, versuchte ihre Benommenheit abzuschütteln und
wunderte sich. Ein winziger Sonnenstrahl fiel durch die dicken,
dunklen Wolken, die vom Wind eilig über den Himmel gejagt wurden.
Und dieser einzelne Sonnenstrahl schien ihr direkt auf der Nase herum
zu tanzen, zu hüpfen und zu sagen: „Aufstehen, Mittagsschlaf
beenden, raus ins Leben!“ Als hätte er nur darauf gewartet,
dass sein Frauchen endlich die Augen öffnete, kam nun auch Boy
herbei gesprungen, wedelte mit dem Schwanz und sah sie aus seinen
braunen Hundeaugen erwartungsvoll an. So großer Unternehmungslust
gab sie sich lachend geschlagen. „Ist ja gut“, murmelte sie, „ich
komm ja schon.“
Nur
zehn Minuten später bewegte sich eine lustige kleine Gesellschaft
über die Wiese auf den Wald zu. Vorneweg lief Boy, der
Riesenschnauzer. Hinter ihm stapfte Maren durch das feuchte Gras,
froh darüber, dass sie ihre Gummistiefel angezogen hatte. Ein
Stückchen hinter ihr versuchte, mit kleinen Tippelschritten, die
Katze Schritt zu halten und gleichzeitig den besonders hohen und
damit auch besonders nassen Grashalmen auszuweichen. Schade, dass es
keine Gummistiefel für Katzen gab, sie wäre bestimmt ein dankbarer
Abnehmer dafür. Und dann waren da noch die beiden Pferde, die auf
der anderen Seite des Koppelzaunes mitliefen, als wollten sie nichts
verpassen. Man konnte ja nie wissen.
Die
Pferde blieben allerdings mit langen Gesichtern am Waldrand zurück,
denn dort endete die Koppel. Kurze Zeit später war der Rest der
kleinen Truppe aus ihrem Blickfeld verschwunden, als hätte der Wald
sie verschluckt. Sie wandten sich wieder den Grashalmen auf der Wiese
zu, die ihnen an diesem Ende besonders saftig erschienen.
Der
Wald umfing die Wanderer mit seinem Grün wie ein großer, hoher
Tempel. Von allen Seiten erklang Vogelgezwitscher und plötzlich
huschte kurz vor ihnen ein Eichhörnchen über den Weg. Boy hatte
gerade in eine andere Richtung geschaut und es nicht einmal bemerkt,
nur die Katze zuckte kurz zusammen, interessierte sich dann aber
wieder für die Sonnenstrahlen, die vor ihnen über den Boden
tanzten. Sie sprang tatsächlich hin und her und versuchte, die
Lichtflecken zu fangen! Lustig sah das aus, und Maren musste lachen.
Immer
weiter liefen sie in den Wald hinein. Maren bewunderte die vielen
bunten Blumen. Als hätte ein Riese weiße und gelbe Anemonen, blaue
Veilchen und saftig grünen Waldmeister miteinander verwoben und
unter den hohen Bäumen wie einen Teppich ausgerollt. Plötzlich
erfüllte ein sanftes Rauschen die Luft. Der leise Wind wurde etwas
stärker und die tanzenden Sonnenstrahlen verschwanden. Im nächsten
Augenblick fielen auch schon die ersten Regentropfen fast geräuschlos
auf den weichen Waldboden. Maren schlug ihre Kapuze hoch, lächelte
und sagte zu sich selbst und ihren Tieren „Na und? Wir sind doch
nicht aus Zucker!“ Die Katze sah sie mit grünen Augen tadelnd an,
als wollte sie sagen „Katzen haben nicht nur keine Gummistiefel,
sondern auch keine Kapuze!“, lief aber weiter hinter Maren und dem
Hund her.
Kurze
Zeit später kamen sie an eine Waldlichtung, die trotz des Regens von
innen heraus zu leuchten schien. Boy blieb stehen und wedelte mit dem
Schwanz und auch die Katze sah angestrengt auf die Mitte der
Lichtung. Da war doch etwas? Oder besser gesagt - jemand? Mitten auf
der Wiese lag ein kleiner Kobold und ließ sich lächelnd den Regen
ins Gesicht fallen. Es schien ihm überhaupt nichts auszumachen, dass
kleine nasse Bächlein seine Wangen hinab liefen und rechts und links
in den Kragen tropften.
Die
kleine Gesellschaft trat vorsichtig näher, Boy bewegte schnüffelnd
die Nase in der Luft und die Katze lief mit steil aufgerichtetem
Schwanz direkt auf das Männchen zu. Der Kobold schlug die Augen auf,
und die drei Besucher blieben wie angewurzelt stehen. Das Lächeln
des kleinen Mannes wurde breiter, er sprach:
„Was
wünscht Ihr?“ Als Maren sofort antworten wollte, hob er abwehrend
die Hand und fuhr fort:
„Seid
vorsichtig mit dem, was Ihr Euch wünscht, Ihr könntet es
bekommen.“
Maren
bewunderte die Gelassenheit, mit der er die Tropfen auf sich fallen
ließ und, als hätte er ihre Gedanken erraten, sprach er weiter.
„Wenn
Du den Regen im Gesicht spürst, weißt Du, dass Du lebst. Ohne Regen
gibt es keinen Regenbogen. Bewahre Deinen Wunsch im Herzen. Wenn Du
einen Regenbogen siehst, darfst Du Dir etwas wünschen!“
Plötzlich,
beim nächsten Augenaufschlag, war er verschwunden.
Maren
dachte lange über seine Worte nach. Wenn es doch wirklich so einfach
wäre mit dem Wünschen ... Langsam wurde es Zeit, nach Hause zu
gehen. Es regnete immer noch, als sie wieder aus dem Dickicht des
Waldes traten, wo die Pferde, weiterhin friedlich grasend, auf sie
gewartet hatten. Trotz des Regens bahnten sich ein paar
Sonnenstrahlen ihren Weg durch die Wolken und genau über der Wiese
begann ein riesiger, wunderschöner Regenbogen zu leuchten. Was waren
das auf einmal für tapsige Schritte hinter ihr? Maren drehte sich um
und bekam vor Staunen große Augen, bevor sie herzhaft zu lachen
begann. Die Katze trug tatsächlich Gummistiefel! Rote Gummistiefel
mit weißen Punkten! An allen vier Füssen! Und Boy, was war mit ihm?
Was hielt er da im Maul? Das war doch eine Kette Rehbratwürstchen,
die guten, wie Maren sie manchmal vom Jäger bekam! Donnerwetter!
Sollte der Kobold recht gehabt haben, mit dem Wunsch, den sie jeder
offen hatten? Maren überlegte, denn ein Wunsch lag ihr schon lange
auf dem Herzen. War jetzt der Zeitpunkt, ihn aussprechen?
In
diesem Moment kitzelte ein winziger Sonnenstrahl ihre Nase und sie
erwachte auf ihrem Sofa aus dem Mittagsschlaf. Sie fühlte sich ganz
benommen, so real war der Traum ihr erschienen. Entschlossen sprang
sie auf. „Boy! Katze! Wir gehen in den Wald“, rief sie, während
sie ihre Gummistiefel anzog.
Im
Wald kicherte ein kleiner Kobold ...
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