Donnerstag, 1. Dezember 2016

Unsichtbar

Heute war ich unsichtbar in unserer Kreisstadt unterwegs. Zuerst übersah mich die Kellnerin im Café »Schön«, die mich sonst immer besonders freundlich begrüßt hatte. Auch die Verkäuferin in der Drogerie Müller schien durch mich hindurch zu schauen, obwohl sie bei früheren Begegnungen immer ein paar nette Worte mit mir gewechselt hatte. Weiter ging es am Bus. Dort traf ich die alte Dame mit dem wunderschönen Garten aus dem Nachbardorf und die Katzenfrau aus Beuron. Kurz glaubte ich, beide erwiderten meinen Gruß mit einem stummen Nicken. Oder nickten sie sich nur gegenseitig zu? Das sonst übliche Gespräch über dies und das blieb jedenfalls aus. 

Hatte ich etwa eine Tarnkappe auf? Sonnenbrille und Gangsterhut? Oder gar eine Burka angezogen, dass sie mich nicht erkannten? Nein, ich hatte nur ausnahmsweise meinen Hund nicht dabei! 



Donnerstag, 17. November 2016

Ausgeträumt

Kennt Ihr das: Ihr träumt etwas, und fast noch wichtiger als das, was dort geschieht, ist das Gefühl, das Ihr im Traum habt? Das kann Angst, Zweifel, aber auch Glück oder Wohlbefinden sein. Mein letzter Traum war sehr realistisch, sowohl was das Fühlen, als auch die Handlung anging. Es war Sommer. Herrlich! Im November träume ich gern vom Sommer. Meine Kinder und Mr J. waren bei mir, ich stand draußen auf der Terrasse an einem Herd, den es außerhalb meiner Träume nicht gibt.  Kater Frodo strich mir um die Beine. Die Stimmung war leicht und fröhlich. Auf dem Herd stand ein riesiger Topf von mindestens 60 Zentimeter Durchmesser. In diesem Topf rührte ich das, was da kochte. Es war ein schwarz-weiß gefleckter Kater, meinem Frodo sehr ähnlich. Doch völlig ungerührt rührte ich weiter. Der Kater im Topf sollte das Essen für meine Familie sein. Was war den schon dabei? Es war doch nicht mein Kater, denn der strich mir ja putzmunter um die Beine ... 

Ich erwachte und fühlte mich richtig schlecht. Wie kann man nur ..., dachte ich. Und überlegte. Wo ist die Grenze, die entscheidet, welches Tier wir lieben und welches wir essen? Natürlich würde niemand aus meiner Familie je Kater essen. Weder den eigenen noch einen fremden. Aber kann man ein Huhn nicht genau so gern haben wie einen Kater? Freut sich ein Ferkel nicht ebenso wie ein Kater, wenn ihm die Sonne den Bauch wärmt? Wenn das Ferkel denn überhaupt jemals die Sonne sieht. Wer hat uns Menschen zum Richter über Leben und Tod anderer fühlender Wesen erhoben, nach dem Motto "Die Süßen ins Körbchen, die Leckeren ins Töpfchen?"


Natürlich ist es einfach, ein Schnitzel zu braten. Das ist ja nur ein totes Stück Fleisch, ohne Gesicht, ohne Augen, die Dich anschauen. Was wäre, wenn wir jedes Tier, das wir essen wollen, zuvor eigenhändig töten müssten? Nicht dem geliebten Kater, aber einem zuckersüß dreinschauenden Ferkel mit dem Messer die Kehle durchschneiden. Uns mit seinem Blut besudeln. Würde uns das Fleisch dann noch schmecken? 




Sonntag, 9. Oktober 2016

Schild-Bürgerstreich

Es war einmal auf einem Wanderparkplatz ... ein sehr übersichtliches Schild mit einer Wanderkarte der Rundwege, die man von hier aus erwandern kann. Dann kam kein Wanderer des Wegs, sondern ein Verschlimmbesserer. Über die schöne, übersichtliche Wanderkarte wurde dieses Schild geschraubt. Es ist kleiner, viel unübersichtlicher und zeigt einen Bereich in der weiteren Umgebung, der viel mehr als die aufgelisteten Rundwege enthält. Schade. Leider ist dieser Schild-Bürgerstreich kein Einzelfall, alle alten Wanderkarten wurden auf diese Weise teilüberdeckt. Schade. Das Geld hätte man lieber in die fehlenden öffentlichen Müllkörbe investieren sollen, von denen es in unserer Gemeinde genau ZWEI Stück gibt. Begründung: Wenn man mehr davon aufstellen würde, kämen Leute und würden ihren Hausmüll dort entsorgen. Wirklich? Jetzt kann man jedenfalls überall am Wegesrand und in der Natur sehen, was Wanderer und Radfahrer in unserem schönen Tal "verlieren". 


Unter dem neuen Schild ist das alte noch teilweise zu erkennen. 

Donnerstag, 29. September 2016

Linsen mit Spätzle

Anfang August sollten unsere Gäste aus Alaska die typisch schwäbische Küche kennenlernen. Nach einer Wanderung waren wir hungrig und durstig. Ein Lokal mit nettem Biergarten bot Maultaschen klassisch und vegetarisch, schwäbische Tapas und auch Linsen mit Spätzle und Saitenwürstchen an. Letzteres ist DAS schwäbische Nationalgericht. Nachdem ich mir die Wünsche von fünf Gästen gemerkt hatte, ging ich zur Selbstbedienungstheke und begann meine Bestellung vorzutragen: 
"Zweimal Linsen mit Spätzle ..." 
Weiter kam ich nicht, denn die Chefin unterbrach mich und teilte mir mit, dass unter der Woche die Küche von 15 bis 17 Uhr geschlossen sei. Der Koch müsse schließlich auch mal kochen. Zerknirscht bemühte ich mich um Verständnis. Die weit gereisten Gäste vertrieben sich die eineinhalb Stunden Wartezeit mit einer Partie Minigolf und bekamen wenigstens schon Getränke gegen den großen Durst. Punkt 17 Uhr stand ich wieder an der Theke und begann hoffnungsvoll: 
"Zweimal Linsen mit Spätzle ..." 
"Linsen sind heut nicht!", unterbrach mich die Chefin schon wieder. 
Ich biss mir auf die Zunge, um ihr nicht voller Enttäuschung ins Gesicht zu schreien: Und warum haben Sie das nicht vor eineinhalb Stunden schon gesagt? Stattdessen machte ich kehrt und nach kurzer Rücksprache mit unseren Gästen fuhren wir zu unserem Lieblingsgriechen. Das Essen dort ist zumindest auch europäisch.

Heute nun, der Herbst hat sich noch einmal ein Sommerkleid übergezogen, radelte ich mit Rika an der Donau entlang. Spontan bekam ich Appetit auf Linsen mit Spätzle. Ja, ich esse ganz selten auch noch nicht-vegan. Der Geist ist willig, aber das Fleisch macht ihn schwach, oder so ähnlich. Gleiche Theke, gleiche Dame, weit vor 15 Uhr: 

"Einmal Linsen mit Spätzle ..." 
"Oh, die kochen noch." 
"Das macht nichts, dann warte ich im Biergarten." 
Hochgezogene Augenbrauen. "Der kocht die fürs Wochenende." 
Das wurde also wieder nichts.

Auf dem Heimweg überlegte ich. Heute (Donnerstag) Linsen kochen für das lange Wochenende, einschließlich Montag, den 3. Oktober?


Zuhause habe ich mir vegane Linsen mit Spätzle zubereitet: mit Glasnudeln statt Spätzle und veganen Wienerle - Wortschöpfung von Markus: Vegienerle. War in einer halben Stunde fertig und hat super geschmeckt. Es gibt immer Alternativen und manchmal sind sie sogar besser als der ursprüngliche Plan! 




Zugegeben, es sieht ein wenig anders aus, als die klassische Variante. Ist aber mindestens so lecker. Das Original-Rezept, das von mir vegan abgewandelt wurde, findet Ihr hier bei Chefkoch.de:
Schwäbische Linsen mit Spätzle und Saitenwürstchen

Habt Ihr Lust bekommen, das Rezept nachzukochen? Und wenn ja, welche Variante? Klassisch oder vegan? 

Dienstag, 27. September 2016

Weniger ist mehr

Jeder Weg beginnt mit einem ersten Schritt. Der ist selten gewaltig, meist eher unscheinbar, zaghaft. Vor allem, wenn man einfach losläuft und schaut, wohin die Reise geht. Wer hier regelmäßig mitliest, durfte mein erstes Verzicht-Experiment mitverfolgen. Von Vier Wochen ohne ... bis No-Pooh, ja und nun? Ohne Shampoo fühle ich mich auch heute, nach fast 5 Monaten, immer noch sehr wohl. Parallel dazu probierte ich die Vielfalt der veganen Ernährung. Kein Witz -  man kann auch ohne tierische Produkte richtig lecker essen. Vor allem, wenn man Vieles frisch zubereitet und auf vegane Grillwürstchen & Co. verzichtet. Dann kam der Geldbeutel dran. Für die Norddeutschen: das Portemonnaie. Von einem "Gerät" in Taschenbuchgröße mit zwei Kleingeldfächern stieg ich um auf den  i-clip. Ursprünglich als Ersatz für die "Hilfsportemonaies" meiner Söhne gedacht, die aber lieber bei ihren Provisorien bleiben wollten, landete das gute Stück bei mir. Es passt in jede noch so kleine Handtasche, nimmt auch beim Mountainbikefahren kaum Platz weg und wiegt fast nichts. Ich bin begeistert! Weniger ist mehr, oder 

"Arm ist nicht der, der wenig hat, sondern der, der nicht genug kriegen kann!"
(Jean Guéhenno)

Falls jetzt jemand fragt: "Wohin mit dem Kleingeld?", so darf dieses bei mir in allen Taschen fröhlich herumklimpern und wird bei kleinen Beträgen immer als Erstes ausgegeben. Aber es ging weiter. Loslassen kann eine Eigendynamik entwickeln. Plötzlich wertschätzt Du die Dinge, die Du wirklich magst. Meine Kinder kamen auf Besuch, alte Schulfreundinnen ebenfalls. Bud und Veca, die liebevollen Gasteltern von Erik, reisten aus Alaska ins Donautal an. Ganz ehrlich - wer solche Gäste hat, nimmt sich Zeit für sie und lässt die virtuellen Freunde ein bisschen außen vor. So war bei mir der 1. August 2016 der Beginn einer Auszeit von Facebook, Xing, Twitter, Stay Friends ... Und, auch wenn das jetzt hart klingt, ich habe fast Nichts und Niemanden vermisst. Im Gegenteil, es war eine Befreiung, nicht mehr jeden Pups von mehreren hundert virtuellen Freunden mitzubekommen, von denen ich wohl nur jeden Zehnten persönlich kenne. Wer mir wichtig war, den konnte ich auf anderem Wege kontaktieren - WhatsApp, E-Mail, Telefon und selbst die gute alte Postkarte kamen zum Einsatz. Auch wenn die Post ein paar der Karten anscheinend verschlampt hat. Während dieser Zeit war ich im Freibad, am Bodensee, habe mitgeholfen, unser Gästebad umzubauen, bei realen Freunden Wände gespachtelt usw. Und tatsächlich gab es eine Handvoll lieber virtueller Freunde, die mich vermissten. Danke, darüber habe ich mich ganz besonders gefreut. Wiebke, Karin, Sophie, Claudia, Nicole, Jenny, Kirstin, ... Inzwischen schaue ich wieder ab und zu bei Facebook herein, aber es übt nicht mehr die magische "ich-könnte-etwas-verpassen-Anziehungskraft" auf mich aus. Ich habe nämlich NICHTS verpasst, in den gut 6 Wochen, die aus dem geplanten einen Monat wurden. 

Und nun? Loslassen könnte ein neues Hobby von mir werden. Potential schlummert noch genug in unserem Haus. Kleiderschrank, Bastelkisten, "Könnte-man-noch-mal-gebrauchen-Dinge". Heute habe ich das große Bücherregal von Ballast befreit. Reiseführer, die älter sind als meine Kinder, führen eher in die Irre, als ans Ziel. Und angeschnittenes Buntpapier "Made in GDR" gehört entweder in den Papierkorb oder ins Museum. 

Wie geht es Euch, wenn Ihr das hier lest? Könnt Ihr loslassen oder redet Ihr Euch mit der Prägung aus Elternhaus, Kindheit, DDR heraus, wie ich es bisher tat? Was könnt Ihr gut loslassen und was gar nicht? 


Dienstag, 23. August 2016

Zehn Jahre "Ländle"

Vor einigen Tagen, am 8.8.2016, jährte sich zum zehnten Mal der Tag meines Umzugs nach Baden Württemberg. Nach über 40 Jahren Heimat in MeckPomm war es ein gewaltiger Schritt, den ich bis heute nicht bereut habe. Den Job, der mich damals in den Süden zog, habe ich bereits Ende 2009 gekündigt. Der Freund, mit dem ich 2006 nach Konstanz an den Bodensee zog, ist mittlerweile ein fast vergessener Ex-Freund. Und mein Sohn Markus, der als 15-jähriger wegen des Bundeslandwechsels ZEHN Wochen Sommerferien ohne einen einzigen Freund oder Bekannten am Bodensee verbrachte, hat inzwischen auch in Japan und in der Schweiz gelebt, bevor es ihn nach Berlin zog. 

Zehn Jahre Ländle - fast unauffällig ging dieses Jubiläum vorüber. Was haben die Jahre in Baden und Schwaben gebracht? Ein neues, anderes Lebensgefühl, zunächst in Konstanz und Allensbach am Bodensee, nun im Oberen Donautal. Neue Kollegen, Nachbarn und Freunde. Die Liebe zu den Bergen und zum Bodensee wuchs immer weiter, auch wenn ich das Meer manchmal vermisse. Die Liebe meines Lebens war schon lange vor mir ins Ländle gezogen. Wiederbegegnet sind wir uns vor fünf Jahren ausgerechnet in MeckPomm, auf dem Klassentreffen. Aber das ist eine andere Geschichte. Ich kann neben norddeutschem auch schwäbischen Kartoffelsalat zubereiten, habe schon mindestens drei leckere Varianten der Donauwelle auf den Tisch gebracht und sogar Spätzle selbst hergestellt. Den schwäbische Dialekt verstehe ich zumindest teilweise, es kommt ganz darauf an, aus welchem Dorf mit -ingen am Ende der Redende stammt. Inzwischen wundere ich mich nicht mehr, wenn die Bäckersfrau mir um 16:30 Uhr beim Hinausgehen"Einen schönen Mittag noch!" wünscht. Denn Mittag dauert hier, anders als im Norden, vom Mittagessen bis zum Feierabend. Und "Soll ich den Hund heben?" heißt nicht etwa, dass jemand die fast 17 kg schwere Rika auf den Arm nehmen will, sondern ist einfach nur ein freundliches Angebot, die Leine zu halten. Mountainbikefahrer halte ich nicht mehr für bekloppt, weil sie sich den Berg hinauf kämpfen. Mit dem passenden Bike macht das Spaß, ehrlich. Und es gibt knackige Waden. 

Hegau-Bike-Marathon. Wer hätte vor 10 Jahren gedacht, dass ich da mitfahre?

Freunde von früher und Freunde von heute sind sich in unserem Haus schon öfter begegnet. Wir freuen uns immer über Besuch, egal, von wie nah (Nachbarn) oder fern (MeckPomm, Brasilien, Japan, Alaska) er den Weg zu uns findet. Das Haus wird langsam immer schöner und ist trotz teilweiser Baustelle schon längst ein wirkliches Zuhause für Mr. J, Rika, die Katzen und mich geworden.  In mir ist ganz viel Dankbarkeit. Es ist ein schönes Gefühl, die Liebe, den Traumjob und meinen Platz im Leben und im Ländle gefunden zu haben. Hier möchte ich bleiben, denn:

Da hanna hocket die, die elleweil da hanna hocket.

Das Baugerüst ist inzwischen fort. Kater und Aussicht sind geblieben. 

Dienstag, 19. Juli 2016

Pokémon Go - Ja, wo laufen sie denn?

Pokémon Go, ein neues Spiel, ist in Deutschland noch keine Woche auf dem Markt und spaltet bereits die Menschen in begeisterte Mitspieler und kopfschüttelnde Verurteiler, die meinen "Pokémon-Go-Spieler sind Handyabhängige Idioten". Und ich? Steh irgendwo dazwischen und versuche, mir selbst eine Meinung zu bilden. Poket Monster = Taschenmonster, abgekürzt Pokémon, gab es genau vor 20 Jahren schon. 1996 eroberte das Nintendospiel die Herzen und die Gameboys der Kinder. Pokémon-Sammelkarten waren beliebte Tauschobjekte. Kurz gesagt ging es damals wie heute darum, diese kleinen Monster zu fangen, zu einer höheren Stufe zu entwickeln und in Arenen gegen die Monster anderer Spieler antreten zu lassen. Dass die kleinen Viecher dabei gar nicht schrecklich, sondern meistens total niedlich aussahen, machte sie um so beliebter bei den Kindern. Und bei den Japanern. Dort schlichen noch bei meinem Besuch 2009 Pokémon über das Display der Kasse auf der Post, und am Flughafen in Fukuoka konnte man Stempel mit Pikachu, dem wohl bekanntesten und beliebtesten Pokémon, erhalten. 


Da ich etwas, das ich nicht kenne, weder be- noch verurteilen kann, habe ich mir "Pokémon Go" am letzten Donnerstag auf mein Handy geladen. Gratis. Und schwups, kaum stieg ich aus der Dusche, hockte ein kleines Monster namens Glumanda neben dem Spiegel im Bad. DAS finde ich wirklich süß und sehr gut gelöst. Die virtuelle und die reale Welt verschmelzen zumindest in dem Moment, da ein Monster in Deiner Nähe auftaucht. Dann kannst Du es mit sogenannten Poké-Bällen fangen, die Du durch Fingerwischen übers Handydisplay auf das Pokémon wirfst. 

Selbst in unserem beschaulichen Donautal tauchen immer wieder diese kleinen Monster auf. Nur die Internetverbindung ist hier nicht sehr stabil und auch der Pokémon-Go-Server ist immer wieder überlastet, sodass einige der  kleinen Viecher wohl noch eine Weile durch die Büsche flattern müssen. 

Die Firma NIANTIC, an der Nintendo und Google beteiligt sind, bewirbt ihr Spiel vor allem damit, die Kinder und Jugendlichen vom Computer ins Freie zu locken. Das scheint gelungen, denn das Badspiegelmonster war eine Ausnahme. Normalerweise sind die Viecher draußen anzutreffen. Und um beispielsweise ein "Ei" auszubrüten und eines der seltenen Monster darin zu finden, musst Du entweder 2, 5 oder 10 Kilometer gehen - mit eingeschaltetem Spiel auf dem Handy. Kein Problem für Hundebesitzer und Geocacher. Andere Jugendliche gehen inzwischen freiwillig abends mit dem eigenen oder dem Nachbarshund Gassi. Mütter jagen mit halberwachsenen Kindern gemeinsam stundenlang kleine Monster. Das klingt alles erst einmal ganz nett und nach fröhlichem Zeitvertreib an der frischen Luft. Auch wenn schon ein paar ganz fanatische Spieler in Lebensgefahr kamen, weil sie nicht genug auf die Umgebung geachtet haben. Sowas verlernt man wohl bei jahrelangem Nur-vor-dem-Computer-Sitzen.

Falls Ihr also Kinder, Jugendliche oder Erwachsene mit einem Handy in der Hand durch die Büsche schleichen seht, sind diese Leute wahrscheinlich auf Pokémon-Jagd. Oder sie suchen einen Geocache. Was dank Pokémon Go jetzt überhaupt nicht mehr auffällt. 

Dienstag, 5. Juli 2016

No-Pooh, ja und nun?

Mittlerweile wasche ich meine Haare seit ungefähr zweieinhalb Monaten ohne Shampoo (also No-Pooh), nur mit warmem Wasser. Für mich fühlt sich das inzwischen ganz normal an, und es ist auch sehr bequem. Interessant finde ich, welche Fragen ich seitdem zu hören bzw. zu lesen bekam. Unter anderem ging es darum, ob die Haare nicht komisch riechen würden. Ich kann Euch beruhigen, das tun sie nicht. Die Haare riechen trotzdem frisch nach dem Waschen und bisher hat Mr. J noch nicht einmal bemerkt, dass da etwas anders ist. 

Wenn ich meinen Haaren etwas Gutes tun möchte, so ungefähr bei jeder zweiten Haarwäsche, verwende ich eine natürliche Haarspülung. Ich liebe es, diese aus Zutaten, die Garten und Kühlschrank hergeben, schnell und einfach selbst herzustellen. Mein Favorit ist Rosmarin. Einfach zwei oder drei Zweiglein Rosmarin mit kochendem Wasser übergießen, ziehen lassen, abgießen und abkühlen. Nach der Haarwäsche die langen Haare darin baden bzw. die Spülung langsam über den Kopf gießen. Nicht ausspülen! 
Hier findet Ihr 16 natürliche Haarspülungen zum Selbermachen. Ich wünsche Euch viel Spaß beim Ausprobieren. 

Dienstag, 14. Juni 2016

AKTION BÜCHER, NICHT BOOTE

Heute stelle ich Euch eine Aktion vor, die mir sehr am Herzen liegt. In einer Zeit, da eine Horrormeldung die nächste jagt, tut es gut, sich an etwas zu beteiligen, das unser Herz positiv berührt. 
AKTION BÜCHER, NICHT BOOTE
Menschen sterben zu Tausenden im Mittelmeer - auf der Flucht vor Krieg und Elend. Sie sterben, weil ihnen keine sicheren Wege nach Europa offen stehen. Oder weil diese sicheren Wege nur sehr schwer zu erreichen sind.
Mit der Aktion BÜCHER, NICHT BOOTE unterstützt AUTOREN HELFEN die wunderbare und einzigartige Arbeit der Flüchtlingspaten Syrien e.V. Für alle neuen Patenschaften ab 10€, die am Aktionstag 14. Juni per Lastschrift auf http://www.fluechtlingspaten-syrien.de abgeschlossen werden, gibt es, solange die Patenschaft läuft, bis zu einem ganzen Jahr lang eine „Bücher-Flatrate“: Monatlich kommt ein signiertes Buch frei Haus! Von bekannten Autor/innen wie Navid Kermani, Tanja Kinkel, Elisabeth Herrmann, Olivier Bottini, Alina Bronsky, Julia Kröhn, Annika Reich, Lena Gorelik, Charlotte Roth, Ursula Poznanski, Kristof Magnusson, Heidi Rehn, Martina Sahler, Andreas Föhr und EINHUNDERT anderen! Natürlich gibt es auch eine Kinder- und Jugendbuch-Faltrate!
Ich freue mich, als Pate und als Autor dabei zu sein. Das heißt, wenn Ihr HEUTE Pate werdet und Euch für die Buch-Flatrate eintragen lasst, kann es sein, dass Ihr innerhalb des nächsten Jahres auch ein signiertes Buch von mir erhaltet. Oder von den oben genannten Autoren und vielen nicht genannten, wie beispielsweise Ivonne Keller oder Ina Raki. 



Montag, 13. Juni 2016

Sieben Wochen ohne ... Die Auflösung

Ich gebe zu, leicht war es nicht, aber der letzte Hinweis, die Meisten würden DAS nicht von mir denken, hat jemanden auf die richtige Spur geführt. Sabine Walther hat zwar auf Facebook kommentiert, aber sie war die Erste und Einzige, die darauf kam, dass ich seit sieben Wochen ohne Shampoo lebe. Klingt ekelig? Ist es aber nicht, ganz im Gegenteil. Ich wasche mir ja die Haare, ganz normal beim Duschen mit warmem Wasser. Nur nutze ich keine Chemie mehr, die den natürlichen Schutzmantel der Kopfhaut zerstört. So hat sich mein Körper erstaunlich schnell daran gewöhnt, nicht mehr alle 3 bis 4 Tage das Signal zu erhalten: "Kopfhaut ist schon wieder chemisch gereinigt worden, bitte nachfetten!" 

Statt Shampoo, Spülung und unter Umständen noch ein Haaröl, das die Haare besser kämmbar machen soll, gibt es nur noch Wasser und eine Haarbürste mit Wildschweinborsten. Die hilft den Haaren und der Kopfhaut, ihr von der Natur gewolltes Zusammenspiel zu optimieren. Was die Kopfhaut an Talg produziert, verteilt die Bürste über die volle Haarlänge. Die Haare sind immer gut kämmbar, sehen überhaupt nicht fettig aus, fallen in viel schöneren Locken als vorher, und öfter als alle 3 bis 4 Tage waschen muss ich sie auch nicht. 

Witzigerweise ist niemandem in meinem Umfeld mein Experiment aufgefallen. Das extreme Fetthaar, das man in den ersten 6 Wochen kriegen kann, blieb aus. Dass shampoofrei gerade voll im Trend liegt, beweist dieser Beitrag der Brigitte: 
Ohne Shampoo
Ich finde es allerdings schade, dass die testende Redakteurin "rückfällig" geworden ist. Sie bedauert ja selbst, dass auf diese Weise der positive Effekt allmählich wieder verschwindet. Wenn ich daran denke, wie ich früher Haare gewaschen habe, vermisse ich nichts:
  • 2 x einschäumen und auswaschen. Aber vorsichtig, damit die Haare nicht verfilzen
  • 1 x Haarspülung, einwirken lassen, auswaschen
  • 1 x Haaröl, damit die langen Haare, die fast immer doch verfilzt sind beim Waschen, kammbar werden
  • Fluchend kämmen ...
Und heute? Die Wäsche meiner langen Haare verursacht kaum mehr Aufwand, als Mr. J's Extrem-Kurzhaarfrisur. 
Gern würde ich Eure Meinungen zu dem Thema lesen. Traut Ihr Euch, das Experiment nachzumachen? 

Nun aber Trommelwirbel für die Gewinnerin:  


Es ist Sabine Walther! Herzlichen Glückwunsch! Liebe Sabine, schicke mir doch bitte hier oder bei Facebook eine Nachricht, welches meiner Bücher Du gern hättest. Du findest sie alle rechts in der Leiste hier im Blog aufgeführt, jeweils als Link zu mehr Information zum Buch. 


Freitag, 10. Juni 2016

Sieben Wochen ohne - Zusammenfassung

Sieben Wochen ohne ... ja was denn nun? Noch immer hat es niemand erraten. Daher hier zusammengefasst noch einmal alle hinweise plus ein letzter. Ihr dürft also noch einmal raten, egal, wie abwegig es klingen mag. 

Ich lebe nicht OHNE:

  • Schuhe
  • Fleisch
  • Facebook
  • Badewanne
  • Toilettenschüssel


Ich lebe sieben Wochen ohne ??? und gab dazu:

Hinweis Nr. 1: Ich mache immer noch weiter "ohne"
Hinweis Nr. 2: Kein finanzieller Mehraufwand
Hinweis Nr. 3: Es hat mit meinem Körper zu tun
Hinweis Nr. 4: Die Badewanne ist am dichtesten dran
Hinweis Nr. 5: Das würden die meisten nicht von mir denken. 

Na??? Ich hoffe, Ihr lasst die Köpfe rauchen. Immerhin gibt es ein Buch von mir zu gewinnen. Dafür muss man sich schon ein bisschen anstrengen. Die Auflösung und die Ziehung des Gewinners folgt Anfang der neuen Woche.




Samstag, 4. Juni 2016

Sechs Wochen ohne ... Hinweis Nr. 4

Sechs Wochen ohne, und es funktioniert ganz wunderbar. Ich fasse mal die bisherigen Kommentare zusammen:

  • Schuhe
  • Fleisch
  • Facebook
  • Badewanne
Nein, das ist es alles nicht. Darum kommt hier:

Hinweis Nr. 4: Die Badewanne ist am dichtesten dran.

Jetzt ist es doch ziemlich einfach, oder? Zur Inspiration hier ein Foto unserer alten Badewanne, die wir vor ca. einem Jahr rausgeschmissen haben, um das untere Bad zu sanieren. Eine neue wird irgendwann im neuen oberen Bad Einzug halten. Es wäre sicher ein cooles Gefühl gewesen, vor dem Haus zu baden ... Aber wir haben die Wanne dann doch lieber verschenkt. Sie steht jetzt irgendwo am Bodensee mit Blumen bepflanzt in einem Garten. 


Samstag, 28. Mai 2016

Vier - nein, fünf - Wochen ohne ...(3)

Noch hat niemand erraten, OHNE WAS ich nun schon fünf Wochen auskomme. Darum kommt hier jetzt:

Hinweis Nummer 3: Es hat mit meinem Körper zu tun.


Euch allen ein schönes Wochenende und traut Euch ruhig, mitzuraten. Immerhin gibt es ein Buch zu gewinnen, das Euch in den Urlaub, ins Strandbad oder auf den heimischen Balkon begleiten möchte. 




Samstag, 21. Mai 2016

Vier Wochen ohne ... (2)

Für alle, die miträtseln, ohne was ich nun schon seit vier Wochen lebe, kommt hier:

Hinweis Nr. 2: Es ist mit keinem finanziellen Mehraufwand verbunden.

Freitag, 20. Mai 2016

Vier Wochen ohne ...

Ildikó von Kürthy, Karen Duve und auch Hape Kerkeling haben es getan - Bücher über "Selbsterfahrung" geschrieben, über etwas, das sie in ihrem Leben einmal ganz anders probiert haben. Nun will ich nicht gleich ein Buch darüber schreiben, aber auch ich kann stolz berichten, dass ich etwas geändert habe:

Vier Wochen ohne ...! 

Ja, ohne was? Das sollt Ihr herausfinden. Gern dürft Ihr raten, Eurer Phantasie freien Lauf lassen und kommentieren, was Euch in den Sinn kommt. Wer es herausbekommt, darf sich auf ein Buch von mir freuen. Falls es keine oder mehrere richtige Lösungen gibt, entscheidet das Los. Ich werde in den nächsten Tagen immer wieder Hinweisen posten, die Euch helfen. Heute gleich

Hinweis Nr. 1: Ich mache immer noch weiter "ohne".



Freitag, 13. Mai 2016

(Un-)Wort des Tages: Sisyputz‬

So fühle ich mich, wenn bei Dauerregen zwei Katzen und ein Hund mit mir "Rauslaufen - Reinlaufen" spielen. Da sie ihr Klo draußen haben, lasse ich sie natürlich raus - SAUBER. Rein kommen sie nur wenig später, denn es regnet ja, aber DRECKIG. Da ich wegen des Pfötchenmusters auf dem Fußboden keinen Ärger mit Jack Wolfskin bekommen möchte, bleibt nur Sisyputz.




Mittwoch, 11. Mai 2016

13:89 Uhr und die magische Hobbit-Brille

Glaubst Du an Magie im Alltag? Nicht so, wie bei David Copperfield. Eher wie bei Harry Potter, wo parallel zum normalen Muggel-Universum eine Welt existiert, in der fast nichts unmöglich ist und magische Kräfte wirken.

Es begann damit, dass die Digitaluhr im Bad, deren Batterien ich vor ca. 2 Wochen gewechselt hatte, mitten in der Nacht um 13:89 Uhr stehenblieb. Diese, in unserer Muggel-Welt nicht existierende Uhrzeit, zeigt sie seitdem stur und unabhängig vom Sonnenstand an. 


Und es geschehen weitere merkwürdige Dinge. Meine neue Sonnenbrille habe ich kürzlich beim Optiker anfertigen lassen. Angeblich nahm er dabei einzig auf meine (Fern-) Sehstärke Rücksicht, doch die Brille kann noch mehr. Sie verwandelt meine Mitmenschen in Hobbits! Kurzbeinig und breitgesichtig sehen, durch die Brille betrachtet, alle recht gemütlich aus, scheinen mir zuzulächeln. Ich lächele zurück - und dann lächeln sie noch mehr. Welch ein Zauber! 
Die größte Magie aber ist der Angst-Weg-Zauber, der dieser Brille innewohnt. Die magischen Gläser lassen selbst steile Single-Trails (Mountain-Bike-Abfahrten über Stock und Stein) irgendwie gemütlich erscheinen. So kam es, dass ich beim Hegau-Bike-Marathon am vergangenen Sonntag völlig angstfrei die ansonsten gefürchteten Abfahrten bewältigte und heil und glücklich ins Ziel kam. 

 Von den steilen Abfahrten gibt's leider kein Foto

Zieleinfahrt mit magischer Brille

Nach 31 km und 650 Höhenmetern gab es nicht nur eine Medaille, sondern auch ein kühles Bier.

Ich werde berichten, ob die Magie bleibt, wenn die Uhr wieder Muggelzeit anzeigt. 

Mittwoch, 27. April 2016

(Un-)Wort des Tages

Die Eis-Eiligen!

Sie konnten nicht bis Mitte Mai warten, kamen schon jetzt zu uns und sind hoffentlich bald wieder verschwunden. Ob sich aus den gefrosteten Obstbaumblüten (Mirabelle, Pflaume, wilde Kirsche, Nashi-Birne) wohl noch leckere Früchte entwickeln? 



Dienstag, 19. April 2016

Abenteuer

Aus aktuellem Anlass wieder einmal ein Drabble für Euch. Das sind diese Mini-Kurzgeschichten, die aus exakt 100 Worten + Überschrift bestehen:

Abenteuer

Eine Frau kommt aus dem Gebüsch.  Mit wackligen Schritten betritt sie den Wanderweg. Erschöpft sieht sie aus. Ihr Haar ist zerzaust, Reste von kleinen trockenen Zweigen und zerbröselten Blättern haben sich darin verfangen. Ihr Gesicht und ihr Körper sind schmutzig. An den Armen hat der herablaufende Schweiß helle Spuren in den Staub gewaschen.Ihre braungebrannten Beine sind zerkratzt von Dornen, zerstochen von Mücken, und sie spürt immer noch, wo die Brennnesseln sie gepeitscht haben. 

Dennoch liegt ein glückliches Lächeln auf ihrem Gesicht. Weil sie soeben im Wald ihren Geliebten traf? Nein. Sie ist Geocacherin und hat gerade einen T4 gefunden. 

Für alle Nicht-Geocacher: T4 ist die zweithöchste, also zweitschwierigste, Terrainwertung. 


Mittwoch, 13. April 2016

Was man (nicht) sagen darf

Mein Sohn, damals zweieinhalb Jahre alt, und ich kamen vom Kindergarten. Im Flur des Plattenbaus, in dem unsere Wohnung lag, trafen wir einen großen korpulenten Nachbarn, Herrn B. Der Nachbar lächelte uns freundlich an und öffnete gerade den Mund zu einem netten Gruß, als mein Sohn ihm zuvor kam. Mit dem Finder auf Herrn B. zeigend, stieß er hervor: "Mama, das ist aber ein dicker fetter Onkel!" Der Nachbar lächelte nicht mehr und verschwand schnell hinter seiner Wohnungstür.


Ich erklärte meinem Sohn sofort und danach noch mehrmals, dass man so etwas nicht sagen soll, weil der Onkel dann traurig ist. Ein paar Tage später begegneten wir Herrn B. auf der Straße. Mein Sohn lachte den Nachbarn ganz freundlich an und wollte jetzt alles richtig machen. Ganz laut sagte er zu mir: "Mama, stimmt's, dicker fetter Onkel sagt man nicht!" 

Etwaige Ähnlichkeiten mit aktuellen Ereignissen sind reiner Zufall und weit hergeholt. Schließlich ging es damals um dick und fett und nicht um Ziegen mit kurzen Schwänzen oder so.

Dienstag, 5. April 2016

Frauen, Männer und Zugfahren

Gerade las ich einen Blogbeitrag von herland "Abteilung Frau". Darin geht es um Frauen, die auf Zugfahrten die unmöglichsten Dinge mit fremden Männern erlebten. Ehrlich gesagt, habe ich beim Lesen erleichtert aufgeatmet, denn anscheinend hatte ich bisher Glück. Beim Bahnfahren bin ich noch nie auf solche unmöglichen Männer getroffen, im Gegenteil. Was Frau erleben kann, wenn sie kurzfristig einen Platz im 6er-Abteil eines Nachtzugs bucht, habe ich in folgender Geschichte aufgeschrieben:

Liegewagen 5+1

Die untergehende Sonne tauchte Berlin in goldenes Licht. Durch das Fenster des Zuges sah ich hinaus auf den Bahnsteig. Die gläserne Kuppel des Hauptbahnhofs ließ das Sonnenlicht ungehindert hindurch, und so glänzte der Bahnsteig ebenso golden wie die Stadt. Noch war ich allein im Sechser-Abteil des Liegewagens und hegte die stille Hoffnung, dass dies so bleiben möge. Wenigstens von Berlin bis Augsburg, dem Ziel meiner Reise. Meine Handtasche hatte ich bereits auf die Pritsche ganz oben rechts geworfen. Darin befand sich unter anderem ein dickes Buch, das ich im gemütlichen Schein der Lampe über meiner Liege zu lesen gedachte. Die letzten Tage waren hektisch gewesen. Ich hatte eine Gruppe Japanerinnen auf ihrer Reise zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten Deutschlands begleitet. Um so mehr freute ich mich auf eine entspannte Fahrt mit dem Nachtzug, der mich quasi im Schlaf an mein Ziel bringen würde.  Plötzlich hörte ich draußen vom Gang Gelächter und Gerangel. Zwei rothaarige junge Männer mit Rucksäcken schubsten sich gegenseitig ins Abteil. Sie verstummten abrupt, als sie mich erblickten. Nachdem klar war, dass wir die Nacht gemeinsam in diesem Abteil verbringen würden, wurden sie ausgesprochen höflich. Sie gaben mir die Hand und stellten sich mit Namen vor. Pat und Jack waren Studenten aus Schottland, auf dem Weg nach Italien. Immer wieder kicherten sie und warfen einander verlegene Blicke zu. Sie hatten sicher nicht erwartet, mit einer Frau, die etwa so alt war, wie sie beide zusammen, gemeinsam ein Abteil des Liegewagens zu belegen. Pat und Jack schoben ihre Rucksäcke unter die beiden untersten Pritschen und begannen sofort, Laken und Decken ordentlich auszubreiten, als wollten sie im nächsten Moment darunter verschwinden. Entweder waren sie tatsächlich sehr müde, oder sie versuchten, ihre andauernde Verlegenheit durch sinnvolle Tätigkeit zu überspielen. 

Erleichterung machte sich auf den Gesichtern der beiden Studenten breit, als ein weiterer Gast sich zu uns gesellte. Dieser Mann war etwas älter als ich. Er trug die grauen, leicht gewellten Haare fast schulterlang, was ihm den Habitus eines Künstlers verlieh. Sein Blick war freundlich, er sprach langsam und wählte seine Worte sorgsam. Auch er stellte sich kurz vor, allerdings ohne jemandem im Abteil die Hand zu schütteln. Fast bedauerte ich dies, nachdem ich einen verstohlenen Blick auf seine schlanken gepflegten Hände geworfen hatte. Friedrich war Musiklehrer und auf dem Heimweg nach Salzburg. Der Zug fuhr mit einem leisen Rucken an. Pat und Jack verschwanden in Richtung Restaurantwagen. Friedrich und ich traten hinaus auf den Gang. Wir sahen stumm aus dem Fenster und hingen jeder unseren Gedanken nach. Ich sah Berlin vorüberziehen und spürte leise Wehmut, dass ich dieses Mal nur so wenig Zeit für diese liebenswerte Stadt gehabt hatte. 
"Abschiede tun weh." Der Musiklehrer sprach leise, fast wie zu sich selbst. "Auch wenn man sich sehr aufs Ankommen freut." 
Ich lächelte, denn er hatte recht. 
"Sie reisen ohne Gepäck?", wunderte sich Friedrich. 
Ich erzählte, dass ich heute eine Gruppe Japanerinnen nach Berlin begleitet hatte und nun auf dem Weg nach Hause war. Und dass ich Schriftstellerin sei und hoffe, im Zug ein paar Puzzlesteine für eine meiner nächsten Geschichten zu finden. Friedrich wollte wissen, was ich schon geschrieben habe. Er betonte, dass er und seine Frau Bücher über alles liebten und Rebecca sogar als Bibliothekarin in Salzburg arbeite. 

Mir verschlug es fast die Sprache. Bisher kannte ich nur einen einzigen Menschen in Salzburg. Rebecca, Bibliothekarin, der ich vor zwei Jahren in einem Bücherhotel in Mecklenburg begegnet war. Seither standen wir lose in Kontakt, schrieben uns ab und zu und telefonierten sehr selten. Ich wusste, dass sie verheiratet war. Etwa mit Friedrich, den das Schicksal in Form des Buchungssystems der Deutschen Bahn in das gleiche Nachtzugabteil wie mich geführt hatte? 
Vorsichtig fragte ich nach: "Heißt Ihre Frau Rebecca Engelmann?" 
Jetzt war es an Friedrich, in Sprachlosigkeit zu erstarren. Er blickte mich an, als wäre ich ihm plötzlich unheimlich geworden.
"Sie kennen meine Frau?" 
Wenn das kein Zufall war! Wir beschlossen spontan, unser Gespräch im Restaurantwaggon bei einem Glas Rotwein fortzusetzen. Der Schaffner, dem wir auf dem Weg dorthin begegneten, informierte uns nach einem Blick auf unsere Fahrkarten, dass ab Magdeburg noch zwei weitere Herren in unserem Abteil mitreisen würden..

Wir fanden einen freien Tisch im Restaurant und bekamen umgehend jeder unser Glas Wein. 
"Zum Wohl", sagte Friedrich und seine Augen leuchteten. 
"Zum Wohl! Und auf den Zufall, der in der Bahn mitfährt", ergänzte ich lachend. Wir plauderten zwanglos. Dabei gingen wir ganz selbstverständlich zum "Du" über und unterhielten uns hauptsächlich über Bücher, aber auch über Rebeccas und meine Arbeit. Draußen war es inzwischen völlig dunkel geworden. Nur ab und zu, wenn wir an einer kleinen Ortschaft vorbeifuhren, huschten Fenster wie gelblich leuchtende Augen vorbei. Ich stellte mir vor, dass dort Menschen ebenso in gute Gespräche vertieft waren wie Friedrich und ich. Aus ihrer Perspektive musste unser Zug aussehen wie ein langer, leuchtender Pfeil, der durch die Nacht schoss. Wer weiß, welche sehnsuchtsvollen Wünsche die Menschen in den Häusern uns hinterher schickten? Träumten wir nicht alle immer wieder vom Reisen und vom Ankommen an einem schönen Ort? Friedrich lächelte, als ich ihn meine Gedanken wissen ließ. 
"Das ganze Leben ist eine Reise", sagte er und sah dabei sehr weise aus. Ich lachte. 
"Ja, aber ohne Fahrplan. Du weißt nie, was dich an der nächsten Station erwartet."
"Oder wer", fügte Friedrich hinzu. 
Wir beließen es bei dem einen Glas Wein. Friedrich hatte einen anstrengenden Tag hinter sich und war müde. 

Bei der Rückkehr ins Abteil fanden wir Pat und Jack schlafend vor. Sie hatten sich in ihre Decken eingehüllt und sahen aus wie kleine unschuldige Kinder. Wir kletterten jeweils nach ganz oben, Friedrich auf die linke, ich auf die rechte Seite des Abteils. Wenig später verrieten die gleichmäßigen Atemzüge von gegenüber, dass ich als Einzige im Raum noch wach lag. Ich kuschelte mich in meine Decke und öffnete im Schein der Leselampe über meiner Pritsche das mitgebrachte Buch. Das leise, kaum spürbare Rattern des Zuges schenkte mir ein Gefühl der Geborgenheit. Gab es eine entspanntere Art zu reisen? Viele Seiten später löschte ich das Licht und glitt in einen wunderbaren Schlaf hinüber. Erst der Weckruf über den Bordlautsprecher am nächsten Morgen ließ mich in die Realität zurückkehren. Friedrich rieb sich verschlafen die Augen und flüsterte:
"Guten Morgen." 
Ein Blick nach unten zeigte mir, dass auch die beiden mittleren Pritschen belegt waren, wie der Schaffner vorausgesagt hatte. Die zwei lockigen, bärtigen Gestalten hatten ihre Decken fast bis an die Ohren hochgezogen und schliefen unbeeindruckt weiter. Vom Zustieg der Männer in Magdeburg hatte ich nichts bemerkt. Anscheinend fuhren sie bis München weiter, genau wie Friedrich und die beiden schottischen Studenten, die ebenfalls noch tief unter ihren Decken versteckt schlummerten. Ich fühlte mich wunderbar ausgeruht und freute mich auf zu Hause. So tief und gut hatte ich lange nicht mehr geschlafen. Leise, um die Anderen nicht zu wecken, suchte ich meine Sachen zusammen und verabschiedete mich von Friedrich. Natürlich gab ich ihm ganz liebe Grüße an seine Frau mit auf die weitere Reise, bevor ich in Augsburg den Zug verließ und hinaustrat in einen sonnigen Morgen. 

Am Abend klingelte mein Telefon. Eine österreichische Nummer. Rebecca lachte schon bei der Begrüßung. Sie betonte immer wieder, was für ein witziger Zufall es doch sei, dass ihr Mann und ich im selben Liegewagenabteil gereist seien. Wir witzelten und kicherten herum, über das Reisen im Allgemeinen, über Männer und insbesondere über Ehemänner. Irgendwann sagte ich: 
"Was ich überhaupt nicht gedacht hätte: Da fahre ich mit fünf Männern gemeinsam in einem Abteil und schlafe wie ein Baby. Keiner von ihnen hat geschnarcht." 
Warum Rebecca diese Aussage so erheiterte, dass sie vor Lachen zunächst gar nicht sprechen konnte, erfuhr ich wenig später, als sie wieder zu Atem kam. 

"Ja", sagte sie, "das hat Friedrich auch erzählt. Keiner der Männer hat geschnarcht. Dafür du um so mehr."

©Jo Jansen 2015


Samstag, 5. März 2016

Mia, die Füchsin

Mia, die Füchsin

Hinter Hausen im Tal, ein Stückchen den "Fall" hinauf, lebte eine Fuchsfamilie. Klaus, der alte Fuchs, hatte, wie die meisten männlichen Füchse, drei Gefährtinnen - Lia, Pia und Mia. Mit ihnen paarte er sich jedes Jahr im Januar oder Februar. Im Frühling brachten Lia und Pia jeweils drei bis vier niedliche Junge zur Welt. Doch was war mit Mia, der dritten Füchsin? Ihr blieben die Nachkommen versagt. 

So geschah es, dass Lia und Pia ihre anfangs noch blinden und hilflosen Jungen versorgten, Klaus auf Mäusejagd ging und Mia sich überflüssig fühlte. Im Laufe des Sommers wurden die Fuchswelpen größer. Bald verließen sie tagsüber mit ihren Müttern den Bau, um in der Sonne zu spielen. Manchmal ließ Mia sich von der Unbeschwertheit der jungen Füchse anstecken und balgte mit ihnen fröhlich herum. Spätestens, wenn die müden Jungen sich an ihre Mütter kuschelten, um ein wenig zu dösen, bedauerte Mia, selbst keine Welpen zu haben. 

In einer lauen Sommernacht kam Mia von der Jagd aus dem Wald zurück. Sie war weit gelaufen. Mia freute sich auf die gemütliche Sandkuhle vor dem Bau, im Schatten des großen Haselnussbusches. Dort wollte sie den Tag verschlafen. Um schneller beim Bau zu sein, nahm Mia die Abkürzung am Rande des Dorfes entlang. Ihr Weg führte sie direkt am Grundstück einer jungen Menschenfamilie vorbei. Die Blumenwiese hinter dem Haus reichte bis an den Waldrand. Alles war ruhig, die Menschen schliefen um diese Zeit tief und fest. Mia blieb stehen und sah zu dem Haus hinüber. Auf der Terrasse hatte sie schon einmal ein Stück kaltes Fleisch gefunden, das einem der Kinder der Familie unter den Tisch gefallen war. In der Hoffnung, auch heute wieder einen Leckerbissen zu entdecken, schlich Mia näher. Die Blumen wuchsen so hoch, dass sie Mia Deckung gaben, für den Fall, dass doch einer der Menschen auftauchen sollte. Prüfend sog Mia die Luft ein und witterte in Richtung Haus. Noch lag kein Fleischgeruch in der Luft und doch ... 

Ein anderer Duft stieg ihr in die Nase. Die Füchsin blieb stehen und versuchte einzuordnen, was sie wahrnahm. Mia witterte etwas Tierisches, jedoch kein verlockendes, blutiges Aroma frischen Fleisches. Nein, es war gar kein Fleisch, trotzdem eindeutig Tier. Und Mensch? Mia schwankte zwischen Verwirrung und Neugier. Sollte sie flüchten oder nachsehen? Die Neugier siegte. Die Füchsin duckte sich noch ein wenig tiefer in die Blumenwiese und schlich näher. Sie wusste, sie konnte sich in erster Linie auf ihren Geruchssinn, dann auf ihr Gehör und zuletzt auf ihre Augen verlassen. Im nächsten Moment vergaß sie dieses Wissen, ließ Gehör und Geruch außer Acht und starrte wie gebannt auf die Bretter der Terrasse. Dort, wo die Menschen in ihren Bau hineingingen, leuchteten zwei kleine, rötliche Dinger im fahlen Mondlicht. Mia wollte einfach glauben, dass es zwei Fuchswelpen waren, wie ihre Augen ihr vorgaukelten. Mit einem eleganten Satz landete sie auf der Terrasse und packte eines der beiden roten Wesen vorsichtig mit ihrem bereits im Sprung geöffneten Maul. Wie ein Poing-pong-Ball nutzte die Füchsin den Schwung des Ansprungs, drehte sich in der Luft herum und war sofort wieder in der Deckung der Blumenwiese verschwunden. 

Vorsichtig und stolz zugleich trug Mia ihre Beute im Maul, als sie sich dem Fuchsbau näherte. Der Morgen dämmerte bereits, Pia und Lia saßen mit ihren Jungen in der Sandkuhle vor dem Bau und warteten auf Klaus. Mia huschte an ihnen vorbei und verkroch sie tief unten im Fuchsbau in einer Höhle, die früher der Dachs bewohnt hatte. Langsam setzte die Füchsin ihre Beute ab. Sie beschnüffelte ihren Fund von allen Seiten und fand den ersten Eindruck bestätig. Es roch nach Tier und Mensch. Nicht nach Fuchs. Noch nicht ... Liebevoll begann die Füchsin, ihre Beute abzulecken. Wieder und wieder, von allen Seiten, bis ihr eigener Geruch begann, die fremde Ausdünstung zu überdecken. Ich nenne dich Max, dachte sie. Dann rollte sie sich zufrieden zusammen, fast wie eine Kugel, mit Max in ihrer Mitte. 

In den nächsten Tagen behandelte Mia ihren Max wie andere Füchsinnen ihre frisch geborenen Welpen. Sie leckte ihn, trug ihn umher und bewachte ihn eifersüchtig vor den anderen Füchsen. Niemand durfte ihm zu nahe kommen. Das ging fast einen Monat so, dann wurde Mia unruhig. Normalerweise verlassen Fuchswelpen im Alter von drei bis vier Wochen erstmals den Bau, um draußen zu spielen. Max wollte nicht nach draußen und er sah auch nicht aus, als ob er spielen wollte. So machte sich Mia eines Nachts erneut auf den Weg zum Dorf, schlich am Rande der Gärten entlang, alle Sinne geschärft auf der Suche nach einer bestimmten Beute. Dieses Mal kehrte sie mit einem größeren, dunkleren Etwas zurück. Lange Schnüre hingen an den Seiten herunter und tanzten im Rhythmus von Mias Schritten, während sie glücklich dem Fuchsbau zueilte. Pax, wie sie ihn nannte, wurde genau wie zuvor Max einen Monat lang von Mia liebevoll umsorgt. Dann legte die Füchsin Pax zu Max in eine kleine Seitenhöhle und lief des Nachts wiederum ins Dorf. Bald schon kehrte sie mit Ela zurück. Ela war anders als Max und Pax. Ihr Körperbau war schlank und elegant geschwungen. 


Von nun an hatte Mia eine Aufgabe. Alle vier Wochen holte sie sich einen der Schuhe, die von den Dorfbewohnern draußen auf der Terrasse, im Garten oder vor der Haustür stehen gelassen worden waren. Die Füchsin war nicht wählerisch. Egal, ob roter Kinderstiefel, schwarzer Herrenschuh, eleganter Damenpumps oder schlammverkrusteter Joggingschuh - bei Mia bekam jeder Schuh seine Chance auf ein neues Leben im Fuchsbau. Jedoch holte Mia immer nur einen Schuh pro Paar, als wollte sie gerecht mit den Menschen teilen. Wann Mia das letzte Mal auf Beutezug war, fragst du? Das dürfte jetzt ungefähr einen Monat her sein ... 

©Jo Jansen 2016 Auszug aus dem Buch mit dem Arbeitstitel "Donautalgeschichten" 



Dienstag, 1. März 2016

Frühling?

Der heutige Tag schmückt sich mit dem hoffnungsvollen Titel "Meteorologischer Frühlingsanfang". Und dann DAS:



Dieser Anblick genügte, um die wiehernden Rosse der Poesie mit mir durchgehen zu lassen:


Der März ist da!
Kam ganz in Weiß.
Ich will Blümchen
und nicht so'n Sch...nee!


Ich weiß, das unter dem Schnee schon die Krokusse, Winterlinge und Schneeglöckchen blühen. Bis gestern konnte man sie noch sehen. Und wie sieht es bei Euch aus?